Das um 1605 entstandene Drama gilt als Huldigung und zugleich Warnung für Englands ersten schottischen König, Jakob I., der in Shakespeares Epoche die Krone in Zeiten großer Unsicherheit übernahm. Ein ihm geltender Anschlag auf das Parlament, der Gunpowder Plot, konnte gerade noch vereitelt werden, Debatten um Königsmord und Erbfolgestreitereien erhitzten die Londoner Gemüter. Und auch, wenn die historischen Ereignisse der Entstehungszeit inzwischen mehrere Jahrhunderte entfernt sind, thematisiert der geniale Theaterautor doch bis heute gültige Themen wie den fatalen Glauben an das Recht des Stärkeren, das zerstörerische Potenzial des Aberglaubens, die Verführbarkeit durch die Macht und die dahinterliegenden menschlichen Abgründe bei beiden Geschlechtern.
Im Schauspielhaus Graz wird Stephan Rottkamp das legendäre, sagenumworbene Stück inszenieren, das von abergläubischen angelsächsischen Theaterleuten bis heute nicht bei seinem Titel genannt, sondern nur als „the scottish play“ bezeichnet wird. Der Regisseur hat 2016 bereits mit Shakespeares „Der Sturm“ und in der vergangenen Spielzeit mit Schillers „Maria Stuart“ bildgewaltige, formstarke Klassikerinterpretationen vorgelegt.