Michael Ende

Handwerk hat goldenen Boden

Seit der Saison 2008/09 ist Michael Ende renommiertes Ensemblemitglied der Volksoper Wien.
Währingerstraße 78, A-1090 Wien

Als einziges Kind eines Dachdeckermeisters mit florierendem Betrieb und immerhin rund 50 Mitarbeitern schien der Weg des Sprosses Ende klar vorgegeben. „Nach der Schule stellte sich für mich die Frage: Studieren oder in den väterlichen Betrieb einsteigen, selbst Meister werden und das Lebenswerk des Vaters fortführen oder …?“ Michael, ein heute kraftvoller Mann mit einer sanften Ausstrahlung und höchst lebendigen Augen, entschied sich – zur Freude seiner Eltern – für das Zweite.

Er erlernte das Handwerk von der Pike auf, erwarb selbst den Meisterbrief und schnupperte in die Gesetzmäßigkeiten der Betriebsführung hinein; verbrachte so nach dem Abitur gut und gern knapp zehn Jahre seines Lebens. Rein zum Hobby sang er in diversen Bands, ein bisschen Jazz ein bisschen Rock, ein bisschen irgendwas. „Ich hatte keinerlei professionelle Ambitionen“, erinnert er sich heute. „Trotzdem begann ich dann recht bald in Hannover einen Vorbereitungskurs für die Aufnahmeprüfung zum Gesangsstu­dium. Er dauerte ein Jahr, in dem ich oftmals dachte: ‚Ach du grüne Neune, wie soll das gehen? Klavierspiel, Harmonielehre und vieles mehr, wovon du überhaupt keine Ahnung hast.‘“

Michael Ende bestand 27-jährig die Aufnahmeprüfung und musste seinem Vater erklären, dass er sich entschlossen hatte, die sichere Zukunftsaussicht als In­haber eines florierenden Dachdeckerbetriebs gegen die vage Chance beziehungsweise Hoffnung einzutauschen, einmal erfolgreich auf den Brettern zu stehen, welche die Welt bedeuten. „Das war alles andere als lustig“, erinnert er sich. „Mein Vater hat drei Jahre lang kein einziges Wort mit mir gesprochen!“

Doch dann ging es schnell. Bereits während des Studiums erhielt Michael Ende diverse Gastverträge, im Jahr 2000 wurde er an das Theater Aachen fest engagiert. Hier baute er sein Repertoire aus und lieferte zahlreiche Rollendebüts im Zuge von Neuproduktionen. Konzerte und Gastverträge in Hannover, Wuppertal, Münster, Leipzig sowie bei den Haydn-Festspielen folgten. 2005/06 konnte er sein Repertoire durch Leosˇ Janácˇeks Tagebuch eines Verschollenen und Benjamin Brittens Peter ­Grimes erweitern. Danach folgten viele weitere schöne Rollen.

Sein bisher schönstes Engagement – und das sagt Michael Ende, man glaubt es ihm, bestimmt nicht nur, weil er jetzt gerade mittendrin steckt – ist das jetzige an der Volksoper Wien. Die Rolle des Cava­ra­dossi in der Tosca und einiges mehr steht unmittelbar bevor. Michael Ende ist ein Mann der Praxis. Ein Mann der Tat, mit einem klaren Blick in der Herangehensweise an eine neue künstlerische Herausforderung, wie er ihn dereinst bei ­einer Vielzahl von Häusern angewendet hatte. Beim Herantasten an eine neue Rolle richtet sich Endes Blick zunächst auf die thematischen Inhalte: „Ich überlege mir erst mal, wie ich mich als Mensch in dieser Szene verhalten würde. An der Volksoper werden viele ursprünglich auf Italienisch oder Französisch geschriebenen Werke in deutscher Sprache gebracht, was mir als Alternative extrem gut gefällt. Dies stellt mich jedoch vor mehrere Probleme. Zum einen geht die deutsche Sprechstimme mit der deutschen Gesangsstimme nicht zusammen, zum anderen ist die deutsche Sprache viel sperriger als andere. Ich versuche mir den Zugang durch die Vokal­farben zum Beispiel des Italienischen zu legen, ohne die deutsche Klangfarbe da-bei zu verleugnen. Ich versuche also, die deutsche Sprache belcantistisch zu interpretieren.“

Der theoretischen Versuchung, sich als Deutscher zu schnell in das dramatische Fach drängen zu lassen, konnte Michael Ende bisher mühelos widerstehen. „In vier, fünf Jahren“, so meint er, könnte dieses Genre ein Thema werden.

Die Kraft, das weiß Ende, die er sich in knapp zehn Jahren harter körperlicher Arbeit als Junior im Betrieb seines Vaters erworben hat, kommt ihm beim Gesang sehr zugute. Seine Eltern, Mutter wie Vater, sind mittlerweile nicht nur „allgemeine“ Opernfans. Der ehemalige Familienbetrieb wurde aufgrund der „Abtrünnigkeit“ des Nachfolgers „in der Hochkonjunkturphase bestens verkauft“.

Informationen
www.volksoper.at

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